Migration und Politik (Teil 1)

 
Vorab: Meine humanistisch/soziale Ader bewegt mich eher zum “RefugeesWelcome”. Aber auch aus pragmatischer Sicht bin ich eher dazu geneigt, Einwanderer grundsätzlich willkommen zu heißen.
 
Die Gründe für die aktuellen Herausforderungen, denen Deutschland sich wegen der Einwanderer stellen muss, sind vielfältig. Deswegen kann ich nur einige Punkte anreißen. Für eine tiefer gehende Analyse bräuchte ich wohl eine mindestens 80-seitige Abhandlung. 

Es werden leider in der aktuellen Diskussion munter die Begriffe verwechselt. Die Menschen, die jetzt kommen, sind meistens Flüchtlinge und Einwanderer, die nicht wegen ihrer politischen Meinung, Geschlecht, sexuelle Orientierung etc. pp. verfolgt waren. 
 
Des weiteren wird nicht unterschieden, wer Flüchtling nach der Genfer Konvention ist (<https://de.wikipedia.org/wiki/Genfer_Fl%C3%BCchtlingskonvention> Da gelten besondere Rechte) und wer Einwanderer ist, der im Strom mitkommt.
 
Ich ignoriere hier also bewusst Asylsuchende sowie Flüchtlinge, für die gesonderte Rechte gelten und deren Status ein anderer ist, und konzentriere mich auf diejenigen, die hierher kommen, weil sie hoffen, es hier besser zu haben als in ihren Herkunftsländern.
 
Die Flüchtlinge und Einwanderer sind auch unsere Schuld. Sie fliehen vor:
 
1.) Krieg und Unterdrückung.
        Die EU hat es versäumt, als Frieden stiftender Akteur aufzutreten. Trotz Nobelpreis. Im Irak, in Syrien, aber auch in Libanon oder im Konflikt zwischen Israel und Palästina.
        Sie hat es auch versäumt, die demokratischen Bestrebungen in Libyen, Ägypten, Qatar und andere Orte zu unterstützen und dort stabile, Menschen(rechts)freundliche Systeme zu unterstützen.
        Das zugegebenermaßen komplizierte Geflecht an Beziehungen im Nahen Orient hat sie nicht im Sinne einer Friedensstiftenden Politik nutzen können.
 
2.) Armut
        Die EU ist in erster Linie ein Profiteur der kolonialen Strukturen, die ihre Mitglieder dort aufgestellt haben. Unser Reichtum basiert in Teilen auf die Armut der ehemaligen Kolonialstaaten.
        Die sogenannte Entwicklungshilfe diente allzu lange dazu, europäischen Unternehmen Geld zufließen zu lassen. Hilfe zur Selbsthilfe waren sie im allgemeinen nicht.
    Da es in der EU keine Sozialcharta gibt, findet sozialpolitik erst recht nicht in der Außenpolitik statt
 
3.) Klimakatastrophe
        Auch die globale Erwärmung führt zu Flüchtlingsströmen. Wer zu Hause nicht genügend anbauen kann, weil alles verdorrt, geht woanders hin. Zum Beispiel in das vermeintliche Schlaraffenland EU. Die weltweite Klimakatastrophe führt zu großen Völkerbewegungen und ist Teil der Spannungen zwischen Staaten. Die Türkei und Israel nutzen gezielt den Zugang zu Wasser als machtpolitisches Element.
 
Die sogenannte “Flüchtlingskrise” ist eine Folge der Kurzsichtigkeit nationaler und europäischer Politik.
 
1.) Es ist seit Anfang 2015 bekannt, dass über 40 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sind. Das ist die größte Menge an Flüchtlingen seit dem zweiten Weltkrieg. Vorausschauende Politiker hätten sich, die Bevölkerung und die Sozialsysteme vorbereiten können und sollen.
 
2.) Ich bin mir sicher, dass viele unter ihnen die Zustände haben entstehen lassen, um die niedere Instinkte einer Minderheit zu missbrauchen, um populistisch aus der Angst und dem Hass Macht zu gewinnen. 
 
3.) Die Politiker haben es gerne versäumt, eine gemeinsame EU-Außenpolitik zu entwickeln. Schließlich ist Außenpolitik eines der Kernbereiche der Macht, die sich Nationalstaaten immer reserviert haben. 
Wie mein Magisterprofessor Mal sagte: “Außenpolitik ist immer Machtpolitik, Kriege lassen sich immer auf die machtpolitischen Konstellationen zwischen den Akteuren zurückführen.”
 
Dabei sind Flüchtlinge für die EU ein Gewinn, wenn wir mit der Situation richtig umgehen.
 
1.) Vielfalt ist eine Bereicherung
   Dass ist das so sehe, als jemand, der mit drei Kulturen aufgewachsen ist, ist verständlich. Wenn wir die Flüchtlinge als Chance sehen und mit Respekt behandeln, ihnen gleichzeitig klar machen, dass sie vor unserer Kultur der Vielfalt, des Respekts der Vielfalt und der Akzeptanz unterschiedlicher Lebenskonstrukte auch Respekt zeigen sollten, so werden sie uns mit anderen Ansichten bereichern.
 
2.) Junge Arbeitskräfte sind eine Bereicherung
   Landauf, landab jammern alle Politiker und die Feuilletons der Intelligentzia von der Vergreisung der Gesellschaft. Viele Flüchtlinge sind jung (38% laut den Daten des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)). Schon deswegen, weil junge Leute mobiler sind – und ehrlich gesagt auch überlebensfähiger.
 
3.) Die vermeintlichen Kosten der Flüchtlinge sind schnell amortisiert
   Sobald ein Flüchtling arbeiten darf, wird er je nach Steuerklasse in 3-5 Jahren die Kosten, die der Staat durch ihn gehabt hat in Steuern eingezahlt haben. Ab dem Moment ist der Staat ein Nettoverdiener. 
      Außerdem: Wieviel ist so eine Flüchtlingswelle in Bankenrettungen? 0,1%? Als Liberaler und Humanist sind mir Menschen weitaus wichtiger und wertvoller als Bangster, die eh keine Werte kreieren, nichts aufbauen.
 
Seid ihr noch da? Nun kommen lose Gedanken.
 
– Die Bevölkerung in München und Wien zeigt, dass die Menschen bereit sind, zu helfen, dass sie sich vor der Hass erfüllten Scheiße, die Orban, Seehofer, de Maiziere und wie sie alle heißen von sich geben nicht bewegen lassen.
 
Ich glaube keineswegs, dass die Münchner oder Wiener anders drauf sind als die Frankfurter, Hamburger oder Kieler.
 
– Die Kommunen stemmen die Folgen. Sie sind schon seit Jahren leidtragende einer Politik, in der der Bund ihnen immer mehr Aufgaben der Sozialpolitik zu schustert, ihnen gleichzeitig immer weniger Geld aus den Steuertopf zukommen lässt. Das war schon vorher ein Skandal (der leider niemanden interessierte). Jetzt ist er ein noch größerer Skandal, den man m.E. deutlich ansprechen und dadurch hoffentlich umkehren sollte.
 
– Die Probleme, günstigen Wohnraum zu bekommen sind nicht neu (Münchner können nicht nur ein Liedchen davon singen, sondern ganze Arien).
Seitdem die Marktradikalen an den Regierungen den sozialen Wohnungsbau abgeschafft haben, wird die Not immer größer. Die aktuelle Zuwanderung ist damit nicht die Ursache des Problems, sondern verschärft die derzeitge hausgemachte Lage am Wohnungsmarkt in dramatischer Weise. 
 
Das Problem sind jedoch nicht die Flüchtlinge: Die marktradikale Ideologie hat den Sozialstaat weitgehend ausgehöhlt  und die Schwächeren oftmals ihrem Schicksal überlassen. Als sozialliberaler sehe ich die Rolle des Staates zu großen Teilen darin, für eine Balance der gesellschaftlichen Kräfte zu sorgen. Dahingehend haben viele Staaten, auch der deutsche, vollkommen versagt.
 
In Teil 2 werde ich meine Vorschläge niederschrieben, wie wir die Gesetzeslage ändern sollten, damit wir eine geordnete Migration bekommen. Darin werden viele Forderungen sein, die Spezialisten im Thema Migration und Ausländergesetze seit Jahrzehnten aufstellen. Und die den Politiker in der Regierung nicht interessiert haben.