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  • Aleks Lessmann 10:00 am 25. January 2011 permalink | Antwort  

    Ich lese gerade “Maverick!” von Ricardo Semler, dem CEO vom Semco. Kurz zusammengefasst erzählt er dort, wie er das Unternehmen von seinem Vater erbte, wie ein typischer Manager agierte – und nach dem X-ten Kollaps beschloss, seinem Bauchgefühl nachzugehen und die ganze Firma umzukrempeln. Getreu dem Motto: “Sind unsere Mitarbeiter denn Kinder oder Erwachsene?” übertrug er immer mehr Verantwortung auf die Mitarbeiter – bis hin zur Entscheidung, wie viel jeder an Gehalt bekommen soll. Ja, jeder entscheidet selber, was er an Gehalt bekommt.

    Was zunächst wie ein Rezept für Chaos und Ruin klingt erwies sich als extrem erfolgreich. Streiks sind in diesem brasilianischen Unternehmen selten, die Effizienz ist sehr gut, der Turnover der Mitarbeiter außerordentlich gering. Ich könnte noch viel mehr darüber erzählen, aber darum geht’s mir nicht.

    Vor etwa einer Woche habe ich von Birgit Rydlewkis Versuch gelesen, LdL (Lernen durch Lehren) in ihrem Unterricht einzusetzen (Toi, toi, toi!) und auch da bekam ich den Eindruck, es geht auch hier um eine Demokratisierung des Unterrichts, um das Übertragen von Verantwortung vom Lehrer zum Schüler, um den Schülern die Kraft zu geben, selber zu entscheiden, und so die Lernmotivation zu erhöhen (Birgit, bei mir wärst du in Mathe sowas von gescheitert…). LdL ist ein Konzept vom Pädagogen Jean-Pol Martin, den ich letztes Jahr auf der Open Mind 2010 der Piraten kennen lernte.

    Zu meinem aktuellen Weltbild in der Hinsicht kommen Wikileaks, Anonymous und die Revolution in Tunesien.
    Wikileaks demokratisiert den Informationsprozeß (wie auch immer man zu Assange steht), in dem es geheime Information an die Öffentlichkeit zerrt: von den Toll-Collect Verträgen zu den diplomatischen Depeschen der USA. Anonymous gibt den einzelnen Menschen die demokratische Macht zurück, Proteste effektiv einzusetzen (wobei ich eine differenzierte Meinung zu den DDoS Attacken habe). Die Revolution in Tunesien wäre ohne die von lokalen Piraten unterstützte Umgehung der Internet Zensur sicher nicht in dem Maße möglich gewesen (Der lybische Diktator hat YouTube als erstes blockieren lassen, als die tunesischen Proteste überschwappten…). Auch in Tunesien eine Demokratisierung der Information.

    Und nun zurück zu Ricardo Semler. Beim Lesen von seinem Buch lehne ich mich zurück und überlege, wie ich in den letzten 10 Jahren (so ungefähr) mit meinem Mitarbeitern umgegangen bin.  Und auch wenn ich immer ein äußerst demokratischer Manager war, so werde ich ab sofort einen Schritt weiter gehen und Stück für Stück mehr Verantwortung an die Mitarbeiter geben. Noch mehr, um genau zu sein: die aktuelle Truppe kann kommen und gehen, wann sie will und kann kurzfristig entscheiden, von zu Hause aus zu arbeiten. Sie entscheidet auch selber über Lieferzeiten fertiger Module. Den Streit darüber mit dem Kunden überlassen sie dann mir.

    Und natürlich drehen sich meine Gedanken bei der Lektüre auch um die Piraten und ihren Versuch, sich selbst sowie die Gesellschaft und deren Politik zu demokratisieren. Immer wieder überlege ich, wie weit man den Menschen komplette Verantwortung geben kann, ohne dass sie über Gebühr missbraucht wird. Ricardo Semler berichtet nach 24 Jahren von sehr guten Erfahrungen. Die Arbeiter sind meistens in kleinen Gruppen zusammen, in denen sie sich gegenseitig absprechen, aber auch gegenseitig durch Peer-Pressure kontrollieren. Auf die Gesellschaft übertragen sollten wir wohl den sozialen Zusammenhalt in kleinen Gruppen stärken, sowie die Kommunikation innerhalb der Gruppen sowie der Gruppen untereinander.  Doch funktioniert das? Schließlich gehen bestimmte anarchistische Theorien (Anarchosyndikalismus z.B.) von ähnlichen Konzepten aus…

    Nein, ich habe noch nicht den Dreh raus, aber Semlers Buch hat mir einige Gedankenanstöße gegeben. Seit langem hat mich ein Buch nicht so stark beeindruckt und meine Gedanken geprägt.

    Neben den Büchern von Herrn Semler kann man auch in folgenden Artikeln darüber lesen:
    Die Befreiung der Arbeit: Das 7-Tage-Wochenende

     
  • Aleks Lessmann 10:00 am 18. January 2011 permalink | Antwort  

    “Fiat iustitia, et pereat mundus”

    Beim Neujahrsempfang der Piraten hat mich Rene herausgefordert, zu beschreiben, was für mich Gerechtigkeit ist. Da ich im Gegensatz zu den Politikern der Etablierten eine intellektuelle Herausforderung liebe, will ich kurz erklären, was ich darunter verstehe und schmeiße mich gerne in die Diskussion.

    Gerechtigkeit bedeutet für mich, jedem die selben Chancen zu geben, sich zu verwirklichen und aus sich was zu machen. So bin ich für freie Bildung für jede Alterstufe. Natürlich in erster Linie für Kinder und Jugendliche, aber auch in der Erwachsenenbildung. Dank der Neokonservativen und Neoliberalen in FDP, SPD, CDU und Grüne kann sich heute nur derjenige gute Bildung leisten, der sie auch bezahlen kann. Gerecht wäre es meines Erachtens, wenn jeder egal wo, egal woher und egal in welcher ökonomischen Situation denselben Zugang zu Bildung hätte.

    Gerechtigkeit bedeutet auch, dass man Menschen hilft, die gestolpert sind, die straucheln. Eine soziale Marktwirtschaft nach dem Muster der 60er und 70er dient, denjenigen zu helfen, die sich kurzfristig nicht helfen können. In arroganter und sozialdarwinistischer Manier wurde seit den 80ern die soziale Marktwirtschaft so ausgehöhlt, dass man Menschen, die in Schwierigkeiten stecken, maßlos ausnutzt, damit sie schön unten bleiben und jede Kröte schlucken. Ein solches Verhalten ist nicht gerecht, nicht fair, und einer modernen Demokratie nicht würdig.

    Als liberaler bin ich auch der Meinung, dass Montesquieus “checks and balances” nicht nur im Staatsgebilde sondern auch darüber hinaus angewandt werden sollten. Jede Macht in einer Gesellschaft bedarf einer Kontrolle, damit sie nicht zur Übermacht wird. So haben wir in Deutschland den Minderheitenschutz, und hatten bis zur Neoliberalen Wende auch eine Kontrolle ökonomischen Übermächte gemäß der GG Aussage “Eigentum verpflichtet”. Meines Erachtens führt ein Gleichgewicht der Machtpositionen zur mehr Gerechtigkeit. Sei es, weil die Mächte sich selbst zurückhalten oder weil sie von einer Gegenmacht im Zaun gehalten werden.

    Als sozialliberaler wiederum bin ich der Meinung, dass jeder Mensch eine gerechte Chance verdient, am Gesamtwohlstand einer Gesellschaft teilzuhaben, so dass die Schere zwischen arm und reich nicht auseinanderklafft. Und auch die Bemühungen um Gleichbehandlung aller Menschen sind meines Erachtens ein Weg, gerecht gegenüber Allen zu handeln.

    Nun bin ich kein Philosoph, und auch im Studium habe ich mich nicht mit dem Begriff befasst, so dass ich hier laienhaft nur meine Sicht wiedergeben konnte. Ich freue mich auf eine weitreichende Diskussion, aus der ich auch was lernen kann.

    Der lateinische Zitat heißt übersetzt ungefähr: “Es werde Gerechtigkeit, auch wenn die Welt daran untergeht”

     
  • Aleks Lessmann 10:00 am 16. January 2011 permalink | Antwort  

    (Vorgetragen am 15.01.2011 in Regensburg)

    Ich will Freiheit
    Ich will Gerechtigkeit
    Ich will Respekt vor den Bürgern
    Ich will Respekt vor den Bürgerrechten

    Ich will kein Staat, der seinen Bürgern in Stuttgart, Gorleben oder im Netz den Krieg erklärt und davonkommt!

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    wo Gesetze an die meist bietenden verkauft werden

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    wo die Reichen reicher werden, und die Armen einen Tritt bekommen, damit sie ja unten bleiben

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    wo alle Parteien inklusive der Grünen sich für Zensur ausgesprochen haben.

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    wo Käuflichkeit und Vetternwirtschaft elementarer Bestandteil politischer Umgangsformen geworden sind.

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    wo nur Geld eine gute Bildung verspricht

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    wo Schlagstöcke, Wasserwerfer und Pfefferspray den demokratischen Diskurs ersetzt haben

    Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen
    denn das hier ist unser Land, unsere Republik

    Wir haben in diesem Jahr 9 wunderbare Möglichkeiten, diesen Ruck ORANGE zu färben.

    Hamburg, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Berlin werden ORANGE.

    Wir können dieses Jahr 9 Mal beweisen, dass eine bessere Republik möglich ist. Dass mehr Demokratie, mehr Transparenz, bessere Bildung, mehr Gerechtigkeit und verstärkte Bürgerrechte kein Traum sind, sondern eine klare politische Forderung.

    WIR sind die Partei der Freiheit
    WIR sind die Partei der Bürgerrechte
    WIR sind die Partei des Grundgesetzes, der Demokratie, der Gerechtigkeit

    WIR sind die Sozial Liberale Alternative zu den müden Lösungen von gestern der Etablierten

    Weil WIR die Partei der Zukunft sind.
    Wir haben NEUN herrliche Möglichkeiten, den Bürgern zu zeigen, dass es eine Alternative gibt zu den Lügen und der Korruption, in denen die Etablierten es sich gemütlich gemacht haben. NEUN gehörige Hiebe.

    Wir müssen auch als Bayern, die dieses Jahr selber keinen Wahlkampf zu bestreiten haben, mit voller Kraft den Wahlkampf der anderen Piraten unterstützen.

    Denn das Ziel lautet: 5% und mehr
    Das Ziel lautet: Piraten in die Parlamente.

    Mein Name ist Aleks Lessmann, und ich bin Pirat
    Und ich werde alles in Bewegung setzen, um den Etablierten NEUN Tritte zu verpassen. Die haben sie auch verdient.

    Also, wer kommt mit? Nächste Chance – nächste Woche in Ludwigshafen!

     
  • Aleks Lessmann 17:47 am 10. January 2011 permalink | Antwort  

    Man wird es mir vielleicht nicht abnehmen, aber ich bin traurig, dass die FDP sich aus der Parteienlandschaft verabschiedet.

    Nein, versteht mich richtig. Dass die Lobbyralen und ihre asozialen Einstellungen und Aussagen verschwinden ist durchaus ein Segen für den Zustand der Republik. Doch ich kenne genügend echte Liberale, die dann heimatlos werden. (Tatsächlich sind einige Liberale weiterhin Mitglied der FDP. Wieso, ist ihr Geheimnis…)

    Außerdem hat die FDP Begriffe wie “Liberal” und “Liberalismus” für sich vereinnahmt und denen entsprechend einen Bärendienst erwiesen. Viele Bürger glauben, das was die FDP tut und sagt sei liberal. Dabei ist der Manchester Kapitalismus, dem die FDP verfallen ist, alles andere als liberal, alles andere als Politik mit dem Bürger, für den Bürger. Sie ist menschenfeindlich, markthörig, geldgierig.

    Wir Piraten sind noch zu unbekannt, als dass Liberale uns für das erkennen, was wir sind: Die echte liberale Alternative zu der abgehalfterten und der “Klientelpolitik” verfallenen FDP. Ich befürchte, viele Liberale werden entweder zu den Grünen rüberwandern oder gar zur CDU (und dort dieselbe abgehalfterte Politik wiederfinden). Oder ganz aufgeben.

    Klar müssen wir Piraten wachsen. Klar müssen wir Piraten vieles lernen. Lasst uns unsere Wachstumsschmerzen. Aber wenn du liberal eingestellt bist, wenn du liberal denkst, komm zu uns oder begleite uns mit Rat und wenn’s geht mit Tat. Das darf man auch als Nicht-Mitglied, als sogenannter “Freibeuter”.

    Wir brauchen eine starke liberale und progressive Partei in diesem Land. Wir brauchen eine Partei, die der Regulierungswut und der Rückwärtsgewandtheit der Etablierten einen Gegenentwurf setzt für die Republik von morgen. Für ein freies, freiheitliches, menschenfreundliches und progressives Deutschland. Für ein starkes Deutschland, das anderen Staaten wieder als Beispiel dienen kann dafür, wie man sich den Herausforderungen von Morgen mit offenen Augen und offenem Geist stellt. Ohne Scheuklappen und dem Bürger dienend.

    Und genau das ist die FDP lange nicht mehr. Sie hat sich seit den 1980ern spezialisiert, die Interessen einzelner Gruppen zu verteidigen, den Neoliberalismus gegen jede Vernunft als Allheilmittel in einem religiös anmutenden Eifer zu verkünden, und mit Westerwelle an der Front geht sie mit großen Schritten dorthin, wo die FPÖ in Österreich lange angekommen ist: in den Menschenhass, in die Abgrenzung von “uns” gegenüber “euch” (“euch Schmarotzern” wird impliziert). Sie ist die Partei der Biedermänner und Brandstifter geworden und agiert in der Hinsicht schlimmer als die CSU.
    Sie unterstützt über ihre Stiftung den rechtsgerichteten und gegen die Menschenrechte gewandten Putsch in Honduras, der einen demokratisch gewählten Präsidenten aus dem Amt jagte. Aber der Präsident wollte den Geldadel zur Verantwortung bringen. Und das kann die FDP bekanntlich nicht erlauben. Sie verteilt lieber Milliarden an die von Fincks dieser Welt, an die Atomlobbies, an die Bankmanager.

    Lebewohl, FDP, um dich ist es nicht schade, aber um die Liberalen, die in deinem Sirenengesang verfangen sind. Hoffentlich finden sie schnell genug Wachs und kommen zur einzigen liberalen Partei Deutschlands.

     
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Aleks Lessmann