Nun komme ich endlich dazu, die Liste an Begriffen zu veröffentlichen, die während der Marina in Kassel beim Workshop der Politischen Geschäftsführer aufgestellt wurden. Was ist die Piratenpartei, was ist sie nicht? Die Aussagen hier sind Gedankenanstöße, an denen man sich reiben kann oder mit denen man sich identifizieren kann. Auf jeden Fall einen schönen Haufen Anregungen, um das Selbstbildnis der Partei durch die Politischen Geschäftsführer zu überprüfen. Ich hoffe, beim nächsten Workshop da etwas weiter zu bohren, und einen Schritt weiter zu gehen im Sinne von “WIE wird Politik gemacht”.
Die Diskussion und Kommentare dazu kann man hier anschauen.
Die Begriffe wurden dankenswerterweise von Jan zusammengeschrieben, dem ich nicht genug dafür danken kann…
Monat: April 2011
Für die Menschen
Gestern hatte ich in der U-Bahn ein bezeichnendes Erlebnis. Während noch Gäste die Treppe runter rannten, schloss der Fahrer die Türen der U-Bahn zu. So hastig, dass die Tasche einer jungen Dame klemmte. Entsprechend stemmte ich mich gegen die Tür und erlaubte nicht, dass sie schloss.
Als die Tür vom Fahrer wieder freigegeben wurde durfte die Dame ihre Tasche retten, und ich nutzte die Gelegenheit, um selber in die Bahn zu gelangen.
Der Fahrer stieg aus und machte mich zur Schnecke, was mir denn einfiele, die Tür aufzuhalten, das sei ein “Eingriff in den Schienenverkehr” (Sicher mit Strafe und haste-nicht-gesehen belegt in diesem unserem geordneten Land). Meine Erklärung interessierte ihn genauso wenig, wie er mir eine Antwort auf die Frage gab, ob er denn ein Dienstleister wäre. Er versteht sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht als solchen.
Dabei ist das der Kern vieler Probleme unserer Gesellschaft. Es sollte doch nach meinem Verständnis so sein, dass der Mensch Ziel und Grund jegliches gesellschaftliche und politische Bestreben sein sollte. Ein Politiker, der das nicht so sieht sollte schleunigst zurücktreten. Es kann doch nicht sein, dass “Der Plan” (im Falle unseres unfreundlichen Fahrers) oder “Der Markt” Ziel und Grund sind.
Es muss so sein, dass alles, was wir tun, umso mehr das, was wir als politische Menschen tun, für den Menschen, für die Menschheit ist. Nicht übertrieben, oder wir zerstören die Umwelt, aber letztendlich doch. Ich werfe der aktuellen Politik, und damit meine ich alle Regierungen seit den 1980ern, dass sie andere Interessen vor Augen gehabt haben als die Menschen. Von den korrupten Politikern, die ihre Karriere in der Wirtschaft nach der Politik im Sinn hatten, bis zu den vom Neoliberalen Glauben verblendeten Politikern, die zuerst den Markt bedienten in der fachlich unbegründeten Hoffnung, dass der Mensch als Nebenprodukt ihres Handelns auch was davon haben könnte. Das muss sich ändern.
Das ist Teil der Grundsätze, die mich in meiner Arbeit bei den Piraten bewegen. Eine Partei und deren Akteure bekommen die Staatsgewalt vom Volke ausgeliehen. Diese sollten sie im Dienste des Volkes nutzen, mit dem Volk als Ziel. Dabei definiere ich Volk als “alle, die ich mit meinem Handeln berühre”, nicht rassisch oder nationalistisch.
Das ist auch das Fundament meiner basisdemokratischen Einstellung: Der Mensch als Ansammlung einzelner bestimmt über das Handeln.
Das Fundament meiner bürgerrechtlichen und menschenrechtlichen Einstellung allemal.
Und auch das Fundament meiner extrem liberalen und humanistischen Einstellung: Je mehr Individuen von meinem Handeln positiv beeinflusst werden, desto besser ist mein handeln.
Natürlich liegt der Teufel in den Details. Die moralischen Fragen, ob man 100 Menschen opfert, um 1.000 zu retten kennen wir alle. Und es wird immer Entscheidungen geben, die weniger Menschen positiv beeinflussen, als man das gedacht und gewünscht hatte. Wer jedoch die Gesellschaft als Ansammlung von Individuen sieht, die man in größtmöglicher Anzahl beglückt, wird eher was richtig machen als derjenige, für die die Menschen nur ein nachrangiger Gedanke seines Handels sind.
In dem Sinne: Lasst uns an eine Gesellschaft arbeiten, in denen die Menschen und ihre Umwelt am glücklichsten sind. Lasst uns eine neue Politik wagen. Für die Menschen.
Die Union hat kreative Menschen nicht verstanden – und das Internet erst recht nicht
Die KREATIVEN sind der Wachstumsmotor der Gesellschaft, digital oder nicht. Die Menschen sind das Wichtigste. Und was sie nicht verstanden haben ist, dass im Netz jeder Mensch kreativ sein kann, jeder Mensch Inhalte anbieten kann. Dafür braucht man keine Vermittler – das geht von kreativem Menschen zum Publikum – direkt und ungefiltert.
Friedrich: Alter Wein in neuen Schläuchen
Unser äußerst geehrter Innenminister Friedrich von CSU und Merkels Gnaden mag das Wort “Vorratsdatenspeicherung” nicht. Die Totalkontrolle des Bürgers Online, die uns so nah an China wie nur möglich stellt, möchte er lieber “Mindestdatenspeicherung” nennen, weil “bei Vorratsdatenspeicherung wird man merkwürdig angeschaut”.
Hei, tun wir ihn doch den Gefallen und suchen doch nach neuen Namen für die Eliminierung von Bürgerrechten.
@Richie_FS aus Bayern bot auf Twitter schon “Totalüberwachungsspeicherung” an oder “IhrSeitDochAlleTerroristenSpeicherung” oder “BürgerrechtsabbauSpeicherung” oder “RegierungGegenBürgerSpeicherung“.
Ich konterte mit “Orwellspeicherung“.
Kommt, helfen wir den sehr geehrten Herrn Friedrich mit seinem Neusprech, damit die Unterdrückung der Bürger zumindes verbal weniger weh tut! Wer findet den besseren Namen?